Während die Natur sich noch im tiefsten Winterschlaf befindet, lassen wir Menschen uns schon wieder vollkommen kirre machen. Neues Jahr, neues Glück! Jetzt oder nie! Auf los geht’s los! Veränderung! Neubeginn! Alles auf los!
Und schnell weiter mit der Selbstoptimierung, schließlich steht der Sommer quasi vor der Türe und die Bikinifigur muss sitzen. Hahaha.
Ganz ehrlich: zum Lachen ist mir dabei nicht. Vor Weihnachten war der Perfektionszwang bis zur Erschöpfung allgegenwärtig und jetzt geht’s grad so weiter mit dem ganzen Neujahrsgedöns. Tulpen zum symbolischen Frühlingsbeginn an Neujahr?! Mir rollen sich dabei schon seit vielen Jahren die Fußnägel und je bewusster, je verbundener ich mit der Natur und dem Leben bin, desto mehr fühle ich auch das tiefe Verständnis dahinter. Was ich immer schon leise in mir ahnte, wurde Jahr um Jahr zur verinnerlichten Lebensphilosophie. Ich lasse mich nicht mehr fremdsteuern. Nicht von den Medien und nicht von der breiten Masse. Ich mache da nicht mehr mit. Denn kaum etwas ist heilsamer, als den eigenen, der Natur nahen, Rhythmus wiederzuentdecken. Für ein Leben mit der Natur, statt gegen sie. Und wenn es nur in kleinen Dingen, in kleinen Veränderungen geschieht. Das ist eine Haltung, die uns allen zuträglich wäre.
Die Natur macht es vor – warum schauen wir uns davon nicht viel mehr ab?
Stattdessen pushen wir uns durch den Winter, als wäre er Staatsfeind Nummer 1. Zuerst der Weihnachtswahnsinn, dann nahtlos weiter mit den ach so guten Vorsätzen – Hand aufs Herz, erinnerst Du Dich an Deine überhaupt noch? Puh, und jetzt also diese „Bald ist Frühling!“-Durchhalteparolen. Ein frierendes Bund Tulpen macht noch keinen Frühling!
Warum fällt es uns so schwer den Winter und die Dunkelheit zu lieben?
Im Oktober können sich noch viele für Hygge und die kommende Plätzchenzeit erwärmen, aber schon im Januar dann wird alles auf links gedreht, ausgepowert und gedetoxt was das Zeugs hält. Und durch dieses antizyklische Verhalten verschenken wir eine wundervolle Chance.
Denn jetzt ist die Zeit um Resilienz aufzubauen. Jetzt braucht unser psychisches und physisches Immunsystem unsere Unterstützung. Jetzt gilt es Kraft zu schöpfen um alle unsere Vorhaben gut und kraftvoll bewältigen zu können.
Innehalten. Rückzug. Ausruhen.
Visionen spinnen. Den Samen, den Du im Frühjahr erblühen lassen möchtest, nähren und hüten. Das sind die Dinge, die jetzt dran sind.
„In der Dunkelheit bergen wir unsere lichtvollsten Schätze." Evelyn Schmitz
Die Natur zeigt sich derweil vollkommen entblößt und gibt den ungeschönten Blick frei auf alles was ist. Auf alles was trägt, genauso auf alles was schwächt. Wer im Herbst leicht losgelassen hat, blickt nun auf eine gewisse Leere. Eine Leere, die unserer Essenz gleichkommt, denn aus ihr entsteht alles Neue, das kommt. Deswegen ist die Leere des Winters so wesentlich und untrennbar mit dem Leben verbunden. Und ja, je weniger Ablenkungen im Außen sind, desto ehrlicher und heilsamer wird diese Reise in unsere ureigene Tiefe. Die Konfrontation mit dieser Leere kann einiges an alten Ängsten nach oben befördern. Und genau so ist es auch gedacht, so heilen wir. Nur wenn wir uns den inneren Fragen stellen, kann Transformation, kann Veränderung stattfinden.
Lebe ich meine Berufung, mein Gold?
Lebe ich das Leben, das ich leben will?
Wache ich jeden Morgen in dem Leben auf, in dem ich leben will?
Der Winter stellt die ganz großen Fragen.
Und es geht darum mit diesen Fragen in die winterliche Stille einzutauchen. Die Fragen nicht nur auszuhalten, sondern sie zu lieben, zu umarmen und in uns als Schatz zu hüten. Daraus entstehen Deine neue Vision und auch Deine nächste Version. Radikales Einlassen auf die Tiefe ist hier der Türöffner zur inneren Goldkammer.
Diesen Raum für Dich zu halten ist das größte Geschenk, das Du Dir zu dieser Zeit selbst machen kannst.
„Dem aus sich Werdenden lauschen – dem Weg des Wesens in die Welt – wie will es verwirklicht werden?“ Martin Buber
Und hab keine Angst, es geht nicht darum, dass Du nun bis zum Frühling in einen Bärenschlaf fällst, Dauerurlaub machst oder gar die Arbeit kündigst. All diese Prozesse finden mitten im Leben, mitten im Alltag statt. Unser Leben ist die Übungsmatte, dort finden wir unsere höchsten Möglichkeiten – so wir bereit sind, all dem Raum zu öffnen.
Raum für Dich
Um Raum für Dich zu öffnen, ist es meist unumgänglich, aufzuräumen. Dein Leben ist wie ein Zimmer oder ein Haus: wenn Platz fehlt, dann ist Ausmisten und Aufräumen dran. Irgendwas muss raus, denn nur so kann neuer Raum, freier Space entstehen.
Und so ist auch einer der ersten Schritte in der Arbeit mit mir, ehrlich hinzuschauen.
Was raubt Dir Energie?
Wo vergeudest Du womöglich sogar Deine wertvolle Lebenskraft?
Welcher Bereich in Deinem Leben bringt den größten Stress?
Was kannst Du lassen, um Raum für Dich entstehen zu lassen?
Auch auf der ganz greifbaren, irdischen Ebene kannst Du diese Phase wundervoll unterstützen. Kleiner Spoiler: Diäten und radikale Reduktionen sind definitiv nicht das Mittel der Wahl! Damit würdest Du großen Stress in Deinem gesamten System erzeugen und dadurch verhindern, dass Du Dich noch ein wenig mehr in die Dunkelheit und Kargheit hineinentspannen kannst. Und dabei im Vertrauen zu bleiben, dass auch der nächste Frühling ganz sicher kommt.
Wenn Du dennoch Lust hast in einem Bereich Deines Lebens aufzuräumen und die „weniger ist mehr“ Attitüde hineinzubringen, empfehle ich Dir eher die Beschäftigung mit Deinem äußeren Raum. Auch dafür ist jetzt eine wunderbar unterstützende Zeit.
Ist Dein Zuhause Dein Kraftort?
Befriedigst Du Deine Wohn-Bedürfnisse?
Wie möchtest Du Dich zuhause fühlen?
Wovon gibt es zu viel und wovon zu wenig?
Du kannst gerade jetzt aus der Stille und aus der Leere heraus gut hinspüren was Du wirklich brauchst, wonach Du Dich sehnst und wie Du wirklich wohnen möchtest. Und dann ist es wundervoll, wenn Du fürs Frühjahr vielleicht den einen oder anderen Renovierungs- oder Entrümplungsplan schmiedest.
Die Kunst zu Überwintern
Wärmende, gut erdende Speisen dienen uns jetzt im Moment noch sehr. Auch Massagen mit warmen Ölen, sowie sanfte Bewegungseinheiten sind ausgezeichnet. Frühes Schlafen, überhaupt mehr Schlafen als sonst üblich. Atemübungen. Journaling. Ätherische Öle. Meditation. Reflexion. Kontemplation. Die Verbindung zu Deinem Herzen pflegen. Raum für Dich öffnen.
All das sind nährende Selbstfürsorge-Maßnahmen, mit denen Du Dich auf den Rhythmus der Natur einschwingen und verbinden kannst.
Und ja, diese Hinwendung zum Winter in all seinen Facetten, dieses sich Einlassen auf diese Zeitqualität und allem was sie mit sich bringt, all das geht auch mitten im Arbeitsalltag. Ich erfahre oft, dass es da große Missverständnisse gibt. Es braucht keine stundenlangen Rituale und großes Brimborium. Wenn Du Zeit und Muse dafür hast – wundervoll! Wenn nicht, dann ist ein tägliches Mini-Ritual allemal besser als kein Ritual. In meinem Verständnis geht es um die Momente des bewussten Innehaltens, der Hinwendung zu uns selbst, unseren Bedürfnissen, Visionen und Sehnsüchten. Ein, zwei bewusst durchgeführte Atemzüge öffnen die Türe zu Dir selbst, mehr braucht es oft gar nicht. Regelmäßige Ruhepausen sind die Basis von allem Sein. Damit bauen wir Resilienz auf und nähren unsere Schöpferkraft. Wir brauchen die bewusst gewählte Stille. Heutzutage mehr denn je!
Und der Winter ist eine Einladung zum Winterschlaf und zu ebenjener Stille. Gut zu Überwintern ist eine Lebenskunst – eine, die wir alle noch mehr in uns kultivieren dürfen. Das Buch "Überwintern" von Katherine May hat mich übrigens durch die letzten Monate begleitet und ich lese es gerade schon zum zweiten Mal. Es ist so wohlig wie warme Milch mit Honig und versöhnt mit den Wintern des Lebens. Unbedingt lesen!
Wenn wir lernen gut zu überwintern und unsere (inneren) Winter anzunehmen, dann lernen wir auch uns selbst genug zu sein. So schenken wir unserer Seele Schritt für Schritt ein echtes, ein wärmendes, behagliches Zuhause und können die innere Obdachlosigkeit endlich beenden. Winter ist so viel besser als sein Ruf, versprochen!
Last but not least…
Und neben dem Buchtipp habe ich heute noch einen weiteren Lesetipp für Dich. Ätherische Öle: Wie Du im Winter in Deiner Kraft bleibst lautet einer der Gastartikel, den ich bei meiner Freundin Ulrike Ofner veröffentlichen durfte. Schau unbedingt bei Ulli vorbei, sie ist langjährige Expertin für Ayurveda und ihr liegen ganz besonders wir Frauen am Herzen. Auch ihren Online-Jahreszyklus mag ich uneingeschränkt empfehlen, ich bin selbst seit über einem Jahr schon dabei und voller Dankbarkeit dafür. Wenn Du Fragen dazu hast, dann sprich mich gerne auch hierzu an.
In tiefer Verbundenheit
Deine Evelyn
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